Zulässige Grenzwertüberschreitungen für 2017 bereits erreicht
An der Messstation Silbersteinstraße in Neukölln wurde am 19. Oktober die maximal erlaubte Anzahl an Tagen mit genau oder mehr als 50µg/m³ Feinstaub (PM10) erreicht. Ab diesem Zeitpunkt verstößt die Stadt Berlin gegen geltendes EU-Recht und muss mit Sanktionen rechnen. Zuständige Behörden sind angehalten bei kurzfristigen Überschreitungen Aktionspläne einzuleiten und langfristig bei zu erwartenden Grenzwertüberschreitungen Luftreinhaltepläne zu erstellen und umzusetzen. Dabei liegen die Grenzwerte der EU noch deutlich über den empfohlenen Grenzwerten der World Health Organisation (WHO).
Unsichtbares Risiko für die Gesundheit
Die ultrafeinen Partikel können von der Nasenhöhle bis in die Bronchien und sogar ins Lungengewebe oder den Blutkreislauf eindringen. Folgen dauerhafter zu hoher Feinstaubwerte reichen von Entzündungen der Atemwege wie Asthma über Lungenkrebs bis hin zu schwerwiegenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkte. Für Kinder, deren Lungen noch nicht voll ausgebildet sind, ist das Risiko chronisch an Atemwegserkrankungen oder einer verminderten Ausbildung der Lungen zu leiden, am höchsten. Das Umweltbundesamt (UBA) geht deutschlandweit von etwa 46.000 vorzeitigen Todesfällen infolge von Feinstaub und Stickoxiden aus. Nach der WHO verkürzt die Luftverschmutzung das Leben von Europäer*innen durchschnittlich um 8,6 Monate, in Deutschland um 10,2 Monate.
Politisch keine Maßnahmen ergriffen
Obwohl Berlin und in erster Linie Neukölln bereits in den vorangegangenen Jahren regelmäßig in der deutschlandweiten Top 10 – oft sogar in der Top 3 – der am meisten belasteten Gebiete rangierte, hat dieses Wissen und die drohenden Sanktionen von Seiten der EU oder der Klageverfahren der Deutschen Umwelthilfe e.V. zu keinen politischen Konsequenzen geführt. Die Gesundheit der Berliner Bürger*innen steht nach wie vor hinter der Bevorzugung des Kraftverkehrs zurück. Noch schlimmer: Dort wo Neukölln regelmäßig zu hohe Feinstaubwerte erreicht, werden weitere Autobahnanschlüsse gebaut. Nicht vorhandene Parkraumbewirtschaftung und die nördliche Zugehörigkeit zur Innenstadt führen dazu, dass viele diesen Bezirk nur durchfahren oder dort parken, ihn also sozusagen nur als Schnittstelle benutzen ohne tatsächlich dort zu leben oder ein tatsächliches Anliegen zu haben.
Wir sehen uns auf der Straße: Demonstrationen geplant
Wir fordern die Umsetzung von Maßnahmen, die dieser Entwicklung Einhalt gebieten, z.B. Fahrverbote an Tagen mit hoher Feinstaubbelastung. Aber selbst im Angesicht des Diesel-Skandals wird diese Gefahr sowohl von Bürger*innen als auch von der Politik unterschätzt und toleriert. Gerade in der kalten Jahreszeit steigen die Werte naturgemäß an. Wir werden das die kommenden Monate im Auge behalten und zu Demonstrationen aufrufen.
Die Werte können hier verfolgt werden.
Was wir in der Vergangenheit bereits getan haben: Projekte – Feinstaub & Co.