In manchen Zufahrtsstraßen zum historischen Stadtkern von Neukölln, dem südlichen Richardkiez, lassen sich Verkehrsschilder finden mit der Bitte diesen nicht zu durchfahren. Damit eben jenes Durchfahren erschwert wird, gab es in der Vergangenheit zwei Verkehrsgutachten, 2004 und 2018, unter anderem mit dem Ziel den Radverkehr zu stärken.
Wer allerdings am Richardplatz spazieren geht oder auf der Braunschweiger Straße radelt, bekommt von der Umsetzung bisher nicht viel mit. Zu viele Autofahrende nutzen immer noch den Kiez um ihre Strecken abzukürzen und missachten regelmäßig Verkehrsregeln. Wie kann der schön begrünte Kreisel in der Mitte des Richardplatzes und einer Tempo 10 Zone jedes Mal so stark beschädigt werden?
Ende Oktober 2019 wurden die Pläne zur Umgestaltung des Karl-Marx-Platzes vorgestellt. Dabei wurde auch ein Fortschritt des letzten Verkehrsgutachtens gezeigt. Manche Maßnahmen wie Radabstellbügel oder Querungshilfen für zu Fußgehende sind bereits zum Teil abgeschlossen oder werden fortgeführt. Mit der Schließung des Böhmischen Platzes für den Autoverkehr wurde jedoch die spürbarste Verbesserung im Kiez vorgenommen. Ein erster und wichtiger Schritt um Aufenthaltsqualität zurück zu gewinnen. Da das Verkehrskonzept aber nur als Ganzes aufgeht, gilt es nun auch alle anderen geplanten Maßnahmen schnell und entschlossen abzuschließen, was sich bisher aber leider als schleppend erweist. Dem ursprünglichen Zeitplan ist das Gutachten hinterher, so lässt die Diagonalsperre in der Braunschweiger Seitens weiter auf sich warten. Seitens der Politik wird dies mit Rechtsstreitereien und fehlenden Mitteln begründet.
Eine weitere solcher Maßnahmen ist die bereits angesprochene Umgestaltung des Karl-Marx-Platzes. An ihm führt ein großer Anteil des Durchgangsverkehr im Kiez entlang und raubt ihm damit seine Aufenthaltsqualität. Wildparkende Autos rundherum oder sogar auf dem Platz lassen keine Entspannung mehr zu, wobei das Problem nur in halber Sache angegangen wird. Die Strecke von der Sonnenallee über den Richardplatz und Karl-Marx-Platz bleibt nach den aktuellen Plänen eine beliebte Route des Autoverkehrs.
So haben sich im Herbst 2019 über als 130 Anwohnende zusammengefunden und das Bezirksamt eindringlich gebeten die Planung zu überdenken und um eine Fußgängerzone mit Radverkehr an der Rixdorfer Schnalle, sowie einen ebenerdigen Platzbelag auf dem Karl-Marx-Platz nach dem Vorbild des Alfred-Scholz-Platzes zu ergänzen.
Wir schließen uns der Forderung an, betonen aber mit voller Entschlossenheit auch an alle anderen Maßnahmen heran zu gehen. Querungshilfen zum Beispiel sollen nicht bloß auf die Straße “gemalt” werden, sondern eine bauliche Gehwegvorstreckung darstellen. Darüber hinaus fordern wir für zukünftige Verkehrsgutachten einen integrativen Ansatz zu verfolgen und die Finanzierung von Beginn an zu berücksichtigen. Denn das nächste Gutachten, eines für den Reuterkiez, steht schon bevor.